Geschichte: Historische Quellen
Im Jahre 1127 wurde Vicelin von Erzbischof Adalbero von Hamburg (1123 – 1148) als Priester im slawisch als Faldera oder altsächsisch als Wippenthorp benannten späteren Neumünster, das am östlichen Rand des holsteinischen Altsiedellandes lag, eingesetzt.
Dieser übergab ihn einem „gewissen Markrad, einem sehr angesehenen Manne, und den übrigen Falderern mit der Ermahnung, ihn seiner Stellung gemäß würdig zu behandeln“. Markrad (belegt 1127 – 1170) entstammte der unmittelbar an der Slawengrenze grundherrlich angesessenen Familie der Ammoniden, die in Holstein den Overboden stellte. Die Aufgaben des Overboden von Holstein waren vielfältig. Zum einen war er der volksadlige militärische Führer des holsteinischen Heeresaufgebots (virtus Holzatorum) mit voller Kommandogewalt (signifer provinciae), zum anderen nahm er auch richterliche Funktionen im Gau wahr (iudex oder iudex terrae). Beide Aufgaben zusammen verliehen ihm die führende politische Stellung, das Gauführeramt (praefectus oder senior terrae oder secundus post comitem). Seine Hauptaufgabe im 11. und 12. Jahrhundert war jedoch die des Gaugrenzkommandanten gegenüber den Slawen. Eine Kirche hat es zu jener Zeit in Faldera/Wippenthorp wahrscheinlich noch nicht gegeben. Adam von Bremen nennt in seiner „Bischofsgeschichte der Hamburger Kirche“ (um 1075) Schenefeld Hauptgauort und Handels- und Kultzentrum mit einer Kirche. Die Nordwand der Kirche von Schenefeld ist vielleicht der früheste Baurest aus dem Beginn der Christianisierung. Es muss Vicelin geschaudert haben, als er in Faldera ankam: Die Sanderlandschaft, die er überblickte, war öd und unwirtlich und bestand fast ausschließlich aus weiten, unfruchtbaren Heideflächen, die bäuerlichen Bewohner waren ungebildet, kannten von der christlichen Religion nur den Namen und glaubten „mancherlei abergläubigen Unfug“, obwohl sie doch schon seit der Zeit Karls des Großen zum Christentum bekehrt worden waren. Für Vicelin war es ein „Land des Schreckens und der wüsten Einöde“, in dem er sich von „menschlicher Hilfe verlassen fühlte“.
Sehr anschaulich beschreibt Helmold von Bosau die Bewohner: „Sie betreiben Diebstahl und Straßenraub, denn bei den Holsten dient Stehlen wie Schenken dem Ansehen. Wer nicht zu erraffen weiß, gilt für schwach und ruhmlos“. An anderer Stelle nennt er sie „aufsässig“, „halsstarrig“ und „unbezwungen“, Menschen, die den Frieden als „Joch“ empfinden.
In den Jahren 1138/39 drangen die slawischen Wagrier wiederholt in das Holstenland ein, „so dass der Falderagau unter den täglichen Mordtaten an Menschen und Raubüberfällen auf Dörfer schon fast wieder zur Einöde“ wurde. In dieser Situation scharte Graf Heinrich von Badwide (gest. um 1164) ein Heer aus Holsten und Stormarn um sich, brach in das Slawenland ein, „griff an, was ihm … zunächst saß, schlug vernichtend nieder im Lande Plön, Lütjenburg und Oldenburg sowie im ganzen Raume, der an der Schwale beginnt und von der Ostsee und der Trave umschlossen wird. Dieses ganze Land verheerten sie in einem Ansturm mit Raub und Brand, abgesehen von den Burgen …“ Im Sommer 1139 , so berichtet Helmold weiter, zogen die Holsten ohne ihren Grafen (also vermutlich unter der Führung des Overboden Markrad) vor die Burg Plön und eroberten sie; Gefangene machten sie nicht, alle in der Burg befindlichen Slawen wurden erschlagen.
Von weiteren Kämpfen berichtet unser Chronist nichts. Das militärische Unternehmen des Sommers 1139 hat das nordelbische Slawentum entscheidend getroffen, sodass in den folgenden Jahren die Besiedlung Ostholsteins durch die germanischen Holsten beginnen konnte. Das Kriegsaufgebot bestand aus freien Bauern; ein Stand höriger Bauern (litones) ist im 11. und 12. Jahrhundert im Falderagau und in Holstein nicht nachzuweisen.
Fassen wir zusammen: Groß Kummerfeld war im 11. und in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts Grenzsiedlung, das heißt, das Dorf lag auf der am weitesten nach Osten vorgeschobenen Grenzlinie des Holstengaus und war beständig den Angriffen der Slawen ausgesetzt. Unmittelbar hinter der heutigen Dorfgrenze – dort, wo die Hauptstraße in die Birkenallee mündet – begann das siedlungsarme beziehungsweise siedlungsleere Grenzgebiet. Von hier aus begann nach der Brechung des militärischen Widerstands der Slawen die Besiedlung Ostholsteins. Wir erfahren bei Helmold, dass schon Markrad seinen Wohnsitz nach Bornhöved verlegt hat.
Zum ersten Mal erwähnt wird Groß Kummerfeld in einer Urkunde vom 11. Juli 1141. Adalbero, Erzbischof von Hamburg, verleiht in ihr Vicelin und dem Augustinerchorherrenstift Neumünster den Zehnten des Dorfes Wippendorf und weiterer vierzehn Dörfer, unter ihnen „Cumervelde“. In Auszügen lautet die Urkunde in der Übersetzung:
Im Neumünsterschen Kopiarius sind auch die um 1187/88 verfassten „Versus de Vita Vicelini“ enthalten, die die Besitztümer des Chorherrenstifts wiedergeben. Dort heißt es in der Übersetzung des im leonischen Hexameter geschriebenen Gedichts in den Zeilen 49-56:
Der Verfasser des Gedichts bezieht sich auf unsere Urkunde aus dem Jahre 1141, denn eines dieser „bene cultae villae“, an denen das Chorherrenstift Zehntrechte besaß, war Groß Kummerfeld. Gleichzeitig finden wir auch schon einen Hinweis auf den Neubruchzehnten, den Willingrade im Jahre 1238 an das Stift wird zahlen müssen (Zeilen 55 – 56). Denn am 15. Oktober 1238 bestätigte Gerhard II., Erzbischof von Bremen, Graf Adolfs von Holstein Überlassung der Neubruchzehnten von 25 Dörfern, darunter auch Willingrade, an das Stift. Diese Urkunde, die von der großen kolonisatorischen Leistung des Augustinerchorherrenstifts zeugt, lautet in der Übersetzung aus dem Lateinischen: